Immer wieder berührt mich der Gedanke, daß die Einwohner der DDR gleich zwei totalitäre Regime nacheinander über sich ergehen lassen mußten. Zwar waren die Ideologien der beiden Systeme beinahe gegensätzlich, aber sie hatten auch viele gemeinsame Merkmale.
Das Dritte Reich der Nationalsozialisten von 1933 bis 1945 als auch die nach dem Kriegsende aus der sowjetisch besetzten Zone hervorgegangene Deutsche Demokratische Republik von 1949 bis 1989 zeichneten sich durch sehr ähnliche propagandistische Methoden der Massenbeeinflussung aus, deren Reste noch heute zu finden sind.
Es bedarf keiner besonderen Aufmerksamkeit, an älteren Häusern in den neuen Bundesländern immer noch die alten Fahnenhalter zu entdecken. Vor allem in kleineren Orten, wo die Sanierung älterer Häuser noch nicht weit vorangekommen ist, finden sich die inzwischen unbenutzten Rohrstücke zur Aufnahme von Fahnenstangen an den Hauswänden.
Die Mehrzahl dieser "Jubelröhren" dürfte schon in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts angebracht worden sein, als die Bürger ihre Häuser zu allerlei Gelegenheiten mit herausgehängten Fähnchen festlich zu schmücken hatten. Das fing selbstverständlich mit dem Geburtstag des "Führers" an. In dem Festkalender standen daneben der 1. Mai, der Muttertag, der Tag der Machtergreifung und eine lange Liste anderer Gedenk- und Feiertage.
Bis auf den 1. Mai waren die Feiertage in der späteren DDR andere, aber vor allem änderten sich die Farben der Fahnentücher. Die Hakenkreuzfahnen wurden durch solche in schwarz-rot-gold mit dem DDR-Symbol Hammer und Zirkel im Ährenkranz ersetzt, dazu waren auch rote Fahnen erwünscht, gern mit Hammer und Sichel. Ein weiterer wichtiger Festtag für das Ausschmücken der Dörfer und Städte mit buntem Tuch war der 7. Oktober, der Gründungstag der DDR.
Es gab dazu eine gewisse Kontinuität in Methode und verwendeten Vorrichtungen: Die ganze bunte Dekoration im "wahren Sozialismus" konnte sich weiter auf die Basis von Fahnenhaltern stützen, die die vorigen "nationalen Sozialisten" schon hatten installieren lassen.
Manche Häuser sind nur mit einem oder zwei Haltern für die Fahnen ausgerüstet, an anderen Hausfronten habe ich aber auch vier und fünf solcher Vorrichtungen gesehen. Gern würde ich wissen, ob es die gleichen Hausbewohner waren und sind, die einst besonders viel Tuch hinaushängten, und ob sie es dann mit den neuen Farben auch so eifrig hielten. Aber das hieße sicher, alte Geschichten ausgraben und neue Wunden aufreißen.
Was ich nicht wirklich zu ergründen versucht habe, ist, ob die heute noch vorhandenen Fahnenhalter einfach aus Gleichgültigkeit noch nicht abmontiert wurden, oder ob der Gedanke dahinter steckt, daß die praktischen Dinger auch vielleicht noch ein drittes Mal nützlich und notwendig werden könnten...
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