Donnerstag, 8. Juni 2017

Denkmalschutz I

Wie viele andere Städte in Deutschland hat auch Magdeburg gegen Ende des Zweiten Weltkriegs unter den alliierten Bombenangriffen gelitten. Für die Industriestadt an der Elbe wird ein Zerstörungsgrad von 90 Prozent berichtet. Das historische Zentrum war nahezu vollständig zerstört.

Neben der Notwendigkeit, den enormen Bedarf an Wohnraum zu Beginn der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu befriedigen, galt es auch, der Stadt wieder ein Gesicht zu geben. Beginnend im Zentrum am Breiten Weg wurden eindrucksvolle Gebäude errichtet, die sowohl den Macht- als auch den Repräsentationswillen des sozialistischen Regimes der DDR widerspiegeln sollten. Der "angesagte" Baustil kam aus der Sowjetunion und wurde im Westen als "Zuckerbäckerstil" verspottet, korrekter wurde er als sozialistischer Klassizismus beschrieben. Von der ökonomischen Anstrengung, systemkonform groß und prächtig zu bauen, zeugen heute noch viele Gebäude im Zentrum von Magdeburg, so wie der auf dem Foto gezeigte Block, der zwischen 1953 und 1957 errichtet wurde.
Sozialistischer Klassizismus in Magdeburg
Zum Ende der 60er Jahre wurde von den regierenden Einheitssozialisten auch die Notwendigkeit erkannt, den gewachsenen Konsumwünschen der Bevölkerung zu entsprechen, oder dafür zumindest die Kulisse zu schaffen. Das von 1970 bis 1973 am Breiten Weg errichtetete Centrum-Warenhaus war zu seiner Zeit eines der fortschrittlichsten Projekte im Bereich des Baus und der Gestaltung moderner Kaufhäuser in der DDR, und eines der größten obendrein.
Ehemaliges CENTRUM-Warenhaus in Magdeburg
Während meine Haltung zu der architektonischen und ästhetischen Erscheinung des Warenhauses und seiner Aluminium-Fassade eher ablehnend ist, kann ich in den Bauten der 1950er Jahre die Formenstprache der damaligen Epoche erkennen, die nach meiner Auffassung auch heute noch Repekt, Anerkennung und Aufmerksamkeit verdient (solange wir nicht über Arbeitsbedingungen der Bauleute damals sprechen).

Zu meiner Überraschung erfuhr ich zufällig, daß beide hier gezeigten Bauten unter Denkmalschutz gestellt wurden. Das überrascht umso mehr, als daß so vieles Geschaffene aus der DDR-Periode nach der Wiedervereinigung rücksichtslos vernichtet wurde, und damit auch Zeugnisse der Geschichte jenes Teils von Deutschland. Was die beiden hier erwähnten Bauten angeht, hat man in Magdeburg mutige Entscheidungen getroffen, die von einigem historischen Bewußtsein zeugen.

Hätte ich zu entscheiden gehabt, wäre der Warenhausklotz, den ich für ziemlich häßlich halte, schon längst verschwunden. Allerdings bin ich auch im Zeifel, ob mir das besser gefallen würde, was danach kommt. Und ganz nebenbei: ich habe vergessen, die Frage zu stellen, welches Dämmmaterial in dem Warenhaus verwendet wurde. Es würde mich wundern, wenn da kein Asbest drinsteckte, und dann könnte der Bau am Ende womöglich doch noch das Schicksal mit "Erichs Lampenladen", dem lange verschwundenen ehemaligen "Palast der Republik" in Berlin teilen...

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