Samstag, 15. Juli 2017
Jetzt darf gelacht werden
Im Jahr 1144 geweiht, im Zuge von Kriegshandlungen 1761 eingeäschert, und bis zum heutigen Tag eine Ruine. Immerhin darf aber seit 1966 gelacht und applaudiert werden - nämlich bei den Bad Hersfelder Festpielen, die jährlich in den Mauern der Stiftsruine veranstaltet werden. Bis 1965 war es verpönt, bei Theater- oder Musikdarbietungen an dem einst geweihten Ort zu applaudieren oder gar zu lachen.
Obwohl von der Stiftskirche in Bad Hersfeld schon seit dem 18. Jahrhundert nur noch diese Ruine steht, sind die Reste der bereits im 12. Jahrhundert entstandenen Kirche immer noch ein gewaltiges Zeugnis der Machtpolitik des Mittelalters. Bei seiner Weihe war der Bau eine der größten romanischen Basiliken nördlich der Alpen, und heute gelten die Reste als die größte romanische Kirchenruine der Welt.
Wie stets angesichts solch beindruckender Beispiele menschlichen Willens und Schaffens ereilte mich auch hier vor der Ruine in Bad Hersfeld die Frage, wer hier eigentlich tatsächlich die Steine herangeschafft, aufeinander gestapelt und zusammengefügt hat, und warum. Wir lernen über über Mönche, Äbte, Bischöfe, Fürsten und Könige, die alle ein Sagen beim Bau solcher Denkmäler von Macht und Glauben hatten, aber von den wirklichen Arbeitern und deren Leistungen, ihren Lebensbedingungen und Schicksalen wissen wir fast nichts.
Unser Geschichtsunterricht - zumindest meiner - hat auch weitgehend verschwiegen, wie all die in den historischen Dokumenten erwähnten weltlichen und geistlichen Persönlichkeiten überhaupt zu soviel Macht und Einfluß gekommen sind, daß sie der Bevölkerung ihrer Einflußgebiete dermaßen viel Arbeitsleistung und Sachbeiträge abpressen konnten, damit es für die Errichtung solch himmelhoher und einschüchternder Gottesverehrung reichte.
Daß bei alldem Gewalt, Mord und Totschlag, Lug und Betrug sowie gekonnte Fälschungen und Verdrehungen im Spiel waren, das ist bei moderneren Historikern nachzulesen. Schon bei meinen allerersten aktuellen Versuchen, meinem Mangel an Geschichtskenntnissen etwas aufzuhelfen, fand ich das Werk des Kirchenkritikers Karlheinz Deschner erwähnt, der seit 1986 in zehn Bänden die "Kriminalgeschichte des Christentums" beschrieben hat.
Zeit und Geduld müßte man haben ...
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