Zuckerrohrschneider in Costa Rica im Februar 2018 |
Eigentlich ist es das Einbringen eines Genußmittels, aber auch heute noch ist die Zuckerrohrernte eine Arbeit, die an Sklavenfron erinnert, wenn auch eine bezahlte und gesuchte. In Costa Rica kommen zum allergrößten Teil Wanderarbeiter aus Nicaragua zum Einsatz, weil Einheimische die äußerst anstrengende Arbeit in tropischer Hitze unter sengender Sonne nicht machen wollen. Am Tag vor der Ernte werden die Felder in Brand gesteckt, um trockenes Blattwerk zu beseitigen. Daher sind die Halme beim Schnitt geschwärzt, rußig und klebrig.
Zuckerrohr ist die am weitesten verbreitete Nutzpflanze auf der Welt. Sie wird auf etwa 24 Millionen Hektar in mehr als 90 Ländern angebaut. Die jährliche Ernte beträgt mehr als 2 Milliarden Tonnen Zuckerrohr. Mit kaum mehr als 4 Millionen Tonnen ist Costa Rica daran gerade mal mit 0,2 Prozent beteiligt. Das Land belegt den 39. Platz auf der Länderliste der Produzenten. Der Weltbedarf an Zucker wird zu über 70 Prozent aus Rohrzucker gedeckt, der auf dem Weltmarkt billiger als Rübenzucker angeboten werden kann. (Zahlen von der FAO für 2016)
Das ursprünglich aus Ostasien stammende Zuckerrohr gelangte zunächst nach Indien, Persien und in den Nahen Osten. Kreuzfahrer brachten die Pflanze und das Produkt im 11. Jahrhundert nach Europa. Schnell wuchs die Nachfrage nach dem Luxusartikel, und bald war der Anbau von Zuckerrohr im Mittelmeerraum verbreitet.
Im 16. Jahrhundert wurde der Anbau von Zuckerrohr die Ursache und der Beginn des transatlantischen Sklavenhandels und der Sklavenhaltung in den Amerikas. Schon 1493 hatte Columbus auf seiner zweiten Reise die ersten Zuckerrohr-Setzlinge in die Karibik mitgebracht. Neben Gold, Silber und Perlen war das "weiße Gold" die erste Handelsware, die in nennenswerter Menge aus der Neuen Welt über den Atlantik nach Europa geschafft werden konnte, ohne unterwegs zu verderben.
Die aus Zuckerrohr (oder auch aus Zuckerrüben) gewonnene Saccharose hat einen ziemlich schlechten Ruf für die menschliche Ernährung, und dennoch sind wir beinahe alle in der einen oder anderen Weise süchtig danach. Der Genuß von Zucker wird mit einer langen Reihe von von Krankheiten in Verbindung gebracht, angefangen bei Übergewicht und Fettleibigkeit, über Diabetes, Karies, Herzkrankheiten bis zu Bluthochdruck. Auch als Ursache für Krebs, Demenz und Alzheimer wird Zucker erwähnt. Eine an der Universität von Kalifornien durchgeführte Studie kam 2015 sogar zu dem Ergebnis, Beweise dafür gefunden zu haben, daß Zucker giftig sei. Diese Behauptung wurde ausgerechnet von einem Dr. Robert Lustig vertreten.
Beim Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker in Europa wird Deutschland von allen angrenzenden Nachbarn übertroffen, bis auf zwei: während die Deutschen in einer Statistik der FAO für 2013 mit jährlich 32,76 Kilogramm erscheinen, verbrauchten die Tschechen ein viertel Kilogramm weniger, und die Luxemburger sogar nur 11,44 Kilogramm. In allen anderen Ländern rundherum wurde mehr Süßes genascht oder verarbeitet als in Deutschland: Dänemark 38,77, Polen 40,06, Österreich 36,38, Schweiz 50,95, Frankreich 33,78, Belgien 44,15 und die Niederlande 38,99 Kilogramm pro Person und Jahr.
Damit liegt die Schweiz weltweit an dritthöchster Stelle in der Statistik, nur übertroffen von Barbados sowie Trinidad und Tobago. Während auf den letztgenannten Inseln vermutlich auch ein guter Teil für die Produktion von Rum abgezweigt wird, verarbeiten die Schweizer den Zucker zu Versuchungen in Form von Schokolade, die sie bekanntlich nicht alle selbst essen. Ähnlich machen es die Belgier mit ihren Pralinen. In Österreich werden die Besucher mit Sachertorte, Palatschinken und Kaiserschmarrn zum Verzehr von Süßkram verleitet, bevor sie sich bei der Ausreise in Salzburg noch die Mozart-Kugel geben.
Obwohl die Bevölkerung der USA bekanntlich immer übergewichtiger wird, lag sie 2013 mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von nur 29,17 Kilogramm Zucker unter den Werten der meisten mitteleuropäischen Länder. In Costa Rica lag der Wert mit 44,16 Kilogramm erwartungsgemäß hoch, wobei auch hier ein Teil für die Produktion von Rum abzurechnen ist.
Um auch noch das andere Ende der Statistik der FAO zu erwähnen: die Einwohner von Myanmar (0,53 kg) und Nordkorea (3,62 kg) müßten am wenigsten von Karies durch Zuckergenuß geplagt sein.
Möglichst süß und bunt: Tortenladen in Costa Rica |
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