Die Karwoche scheint mir ein geeigneter Anlaß, von einer Erfahrung zu berichten, die ich vor einiger Zeit bei einer Radtour im Westfälischen Münsterland machte, genauer im nordöstlichsten Winkel dieses schönen Landstrichs.
Ich war von Warendorf in Richtung Norden gestartet. Auf dem Weg durch gepflegte Dörfer und über ruhige Landstraßen und Feldwege sah ich immer wieder große Kuzifixe vor bäuerlichen Gehöften und an Wegkreuzungen. Je mehr ich darauf achtete, desto mehr dieser Zeichen von Frömmigkeit entdeckte ich. Fast schien es so, als gäbe es in der Gegend einen Wettbewerb, wer das schönste und prächtigste Bild von der Todesstunde des Nazareners hätte.
Ich begann die Kruzifixe zu fotografieren, und in weniger als drei Stunden hatte ich Bilder von fünfzehn oder mehr gekreuzigten "Jesussen" beisammen, von denen ich hier zehn zeige. Zunächst war mein Verdacht, es gäbe in der Gegend eine Fließbandproduktion dieser Gekreuzigten, und ich würde immer wieder dem gleichen Modell begegnen. Aber nachher fand ich bei der Betrachtung der Bilder, daß keine der Darstellungen einer anderen genau glich. Das waren also Einzelstücke, vermutlich von verschiedenen Steinmetzen und Kunsthandwerkern aus der Gegend.
Bis heute verstehe ich nicht, warum fromme Christen Bilder aufstellen, die ihren Heiland in der Stunde seines Todes zeigen. Wie kann die Darstellung des Martyriums eines Menschen die frohe Botschaft vermitteln, die das Evangelium doch sein soll? Für mich enthält die Zurschaustellung des geschundenen und ans Kreuz genagelten Körpers die Nachricht, daß unser Sein leidvoll sein kann und endlich ist. Dieser Erinnerung muß ich nicht täglich begegnen, sie stumpft ab. - Und ganz nebenbei gefragt: wo bleibt da die Erlösung?
Was würden Ausseriridische wohl von uns Menschen denken, wenn sie bei einem Besuch auf der Erde allerwärts der Abbildung eines Gottessohns während seiner Hinrichtung begegneten?
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Kreuzweg mit Wegkreuz im Münsterland |
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