Freitag, 30. März 2018

Kreuze II - Welch blutiges Fest!

Überall in der Spanisch sprechenden Welt ist die Semana Santa, die Heilige Woche, das wichtigste Ereignis im katholischen Kalender. Und in dieser Woche der Prozessionen und Zelebrationen überragt der Karfreitag - der Viernes Santo - alle anderen Tage. An diesem Tag wird an den Tod des jüdischen Predigers und Propheten Jesus von Nazareth erinnert, der in seiner Todesstunde zum Heiland der späteren Christen, zum Gottessohn und zum Erlöser wurde. 

Während zu diesem Festtag an den meisten Orten Bilder vom Leben, Leiden und Sterben Jesus' bei Prozessionen durch die Straßen getragen werden, begehen einige Kirchengemeinden in Costa Rica diesen hohen Feiertag mit der drastischen Darstellung des Martyriums ihres Herrn in "lebenden Bildern". 


Mit großem Aufwand, viel Theaterblut und frommer Inbrunst wird der Weg des Nazareners von seinem Todesurteil bis zur Hinrichtung am Kreuz dargestellt. Es ist gewöhnlich eine große Ehre für diejenigen Mitglieder der Pfarrgemeinde, die den Jesus, seine Jünger, sowie die Mutter und weitere Angehörige des Verurteilten geben dürfen. Als nur etwas weniger ehrenvoll werden die Rollen der römischen Soldaten angesehen, die das Todesurteil vollstrecken.


Die hier gezeigten Bilder stammen aus dem Pfarrbezirk von San Joaquín de Flores in der Provinz Heredia, wo jedes Jahr eine der berühmtesten Darstellungen der Via Dolorosa aufgeführt wird. 

Die Fotos habe ich vor zwei Jahren gemacht. Seither verspürte ich keine Neigung, mir das blutrünstige Spektakel noch einmal anzusehen.




Mittwoch, 28. März 2018

Kreuze I - Frömmigkeit in Holz und Stein


Die Karwoche scheint mir ein geeigneter Anlaß, von einer Erfahrung zu berichten, die ich vor einiger Zeit bei einer Radtour im Westfälischen Münsterland machte, genauer im nordöstlichsten Winkel dieses schönen Landstrichs.

Ich war von Warendorf in Richtung Norden gestartet. Auf dem Weg durch gepflegte Dörfer und über ruhige Landstraßen und Feldwege sah ich immer wieder große Kuzifixe vor bäuerlichen Gehöften und an Wegkreuzungen. Je mehr ich darauf achtete, desto mehr dieser Zeichen von Frömmigkeit entdeckte ich. Fast schien es so, als gäbe es in der Gegend einen Wettbewerb, wer das schönste und prächtigste Bild von der Todesstunde des Nazareners hätte.

Ich begann die Kruzifixe zu fotografieren, und in weniger als drei Stunden hatte ich Bilder von fünfzehn oder mehr gekreuzigten "Jesussen" beisammen, von denen ich hier zehn zeige. Zunächst war mein Verdacht, es gäbe in der Gegend eine Fließbandproduktion dieser Gekreuzigten, und ich würde immer wieder dem gleichen Modell begegnen. Aber nachher fand ich bei der Betrachtung der Bilder, daß keine der Darstellungen einer anderen genau glich. Das waren also Einzelstücke, vermutlich von verschiedenen Steinmetzen und Kunsthandwerkern aus der Gegend.

Bis heute verstehe ich nicht, warum fromme Christen Bilder aufstellen, die ihren Heiland in der Stunde seines Todes zeigen. Wie kann die Darstellung des Martyriums eines Menschen die frohe Botschaft vermitteln, die das Evangelium doch sein soll? Für mich enthält die Zurschaustellung des geschundenen und ans Kreuz genagelten Körpers die Nachricht, daß unser Sein leidvoll sein kann und endlich ist. Dieser Erinnerung muß ich nicht täglich begegnen, sie stumpft ab. - Und ganz nebenbei gefragt: wo bleibt da die Erlösung?

Was würden Ausseriridische wohl von uns Menschen denken, wenn sie bei einem Besuch auf der Erde allerwärts der Abbildung eines Gottessohns während seiner Hinrichtung begegneten?

Kreuzweg mit Wegkreuz im Münsterland

Sonntag, 25. März 2018

Palmsonntag

Wo sollte man am Palmsonntag besser chillen als unter Palmen? 
Hier hängt meine Hängematte zwischen zwei Palmen am Pazifikstrand.

Dienstag, 6. März 2018

Die Show

Obacht, immer schön lächeln und aufgepaßt:

- Du könntest schon bald Oscar-Preisträger sein!-

- Wie, ich? -

- Ja Du, genau Du! -

- Ist doch gar nicht möglich, ich habe doch gar nichts mit Filmen zu tun. -

- Genau! Eben darum könntest Du AnwärterIn auf einen Oscar sein. So natürlich und glaubhaft, wie Du Deine Rolle spielst, überzeugst Du einfach. -

- Aber Rolle? Welche Rolle denn? -

- Geduld. Ich will es Dir erklären.-

So oder ähnlich könnte ein Gespräch zwischen Dir, liebe Leserin und lieber Leser, und mir verlaufen. Was ich jetzt zu erzählen habe, ist mir auch erst ganz langsam aufgegangen, bis ich schließlich zu der Überzeugung kam, daß wir alle eine Rolle in einem Film spielen, der wahrscheinlich das verrückteste Werk der Kinogeschichte werden wird, und womöglich leider auch der letzte Streifen, der je gedreht wird.

Ist Euch schon mal aufgefallen, von wievielen Kameras wir stets umgeben sind? In jedem Geschäft und jeder Bank hängen Videokameras, an jeder Straßenkreuzung stehen welche, in den Blitzern für die Verkehrskontrollen laufen sie ohnehin ständig. Klingelschilder an Hauseingängen sind mit Kameras ausgerüstet, jeder zweite Motorradfahrer trägt inzwischen eine Videokamera auf seinem Helm, und sogar hinter der Windschutzscheibe von meinem Auto läuft eine Kamera mit, wenn ich fahre. Dazu bietet jedes halbwegs moderne smarte Telefon heute schon die Möglichkeit, Fotos und Filme aufzunehmen. Mithin trägt fast jeder solch ein Gerät in seiner Hosen- oder Handtasche mit sich herum, und können wir sicher sein, daß wir auch die Kontrolle darüber haben? Lassen sich die Kameras ferngesteuert an- und abschalten? Können die Aufnahmen womöglich ohne unser Wissen in ein Aufnahmestudio gesendet werden? Sind all die anderen Kameras auch miteinander vernetzt, ohne daß wir das wissen? Können die Myriaden von Videominuten alle zusammengeschnitten werden, um dann ein Bild davon zu zeichnen, das wir für die Wirklichkeit halten? Wir wissen fast nichts darüber.

Soweit die technischen Voraussetzungen. Jetzt kommen wir zu dem Plot, und der ist entweder genial oder idiotisch, je nachdem, wie die Sache ausgeht, und ob sie überhaupt irgendein Ende hat, das wir noch erleben.

Als sich vor kaum drei Jahren der Darsteller einer Reality-Show in den Kopf setzte, bei der Wahl für den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika als Kandidat anzutreten,  hielten die einen ihn für größenwahnsinnig, die anderen ihn für zu blöd, und noch andere nahmen ihn einfach nicht zur Kenntnis, weil die Vorstellung zu absurd war, ein Donald Trump könnte einmal Präsident der USA, Oberbefehlshaber über die mächtigsten Streitkräfte der Erde und Führer der stärksten Wirtschaftsnation der Welt sein.

Hier ist der Punkt, wo die Idee für den Film als genial anerkannt werden muß. So ein Präsident, wie dieser Typ ihn abgeben würde, ist einfach unvorstellbar. Der Gedanke ist so schrill und überdreht, daß er für einen Film schon wieder fast zu gut ist.

Bereits zu Beginn des Wahlkampfes begann auch die unmerkliche Transformation der Erde in einen Filmset. Wir alle wurden nach und nach in die realste Realityshow einbezogen, die es je gab. Dabei blieben wir alle an unseren Plätzen, lebten unsere gewohnten Leben weiter, schüttelten die Köpfe, wenn wieder neue Verrücktheiten vom Wahlkampf berichtet wurden, und waren der Überzeugung, daß es solch einen Präsidenten nicht geben könne, dürfte und würde. Wir und beinahe alle Welt waren überzeugt, daß bald eine Frau in das Weiße Haus einziehen würde, von der wir annahmen, daß sie noch einigermaßen ihren Verstand und ihre Sinne beisammen hat.

Das war aber selbstverständlich in dem Drehbuch zu dem Film, an dem wir aktiv teilnehmen, ganz anders vorgesehen. Die Geschichte wurde sogar so erzählt, daß der skurrile Kandidat selbst nicht von seinem Wahlsieg ausgegangen war. Er habe nur einmal mitspielen wollen, weil er sich das leisten konnte, und wollte aus der Wahl als der beste Zweite hervorgehen, den es jemals bei US-Präsidentenwahlen gegeben hat. Auch diese Rolle des unverhofften Siegers war klug ausgedacht, und die Tollpatschigkeit des neuen unvorbereiteten Präsidenten passt perfekt auf den Schauspieler.

Möglicherweise steht in dem Drehbuch aber nicht, welchen Machtanspruch dieser Präsidentendarsteller bereits kurz nach seinem ersten Schrecken entwickelte. Wie ein staunenendes Kind im Pilotensitz eines Flugzeugs begann er, mal hier, mal dort an den Schaltern und Knöpfen zu spielen und freute sich, wieviel Beachtung er damit in aller Welt erzielte, wieviel Ungläubigkeit und Schrecken allerwärts. Der Wahnsinn ist noch in vollem Gang, das Drehbuch für den nächsten Drehtag wird immer nur in der vorherigen Nacht weitergeschrieben, und oft gibt der Hautdarsteller selbst mit einer unverhofften Äußerung in Twitter der Handlung eine neue Richtung.

Ich würde Euch gerne das Ende dieses Films erzählen, und möglichst ein glückliches, aber wir stecken noch alle mittendrin in der Produktion. Wir sind Teil der Inszenierung und spielen alle unsere Rolle, so nebensächlich sie auch erscheinen mag. Daher ist es auch noch nicht ausgeschlossen, daß jemand von uns eines Tages zum besten Nebendarsteller gekürt und mit einem Oscar ausgezeichnet wird.

Wer all das bis hier Erzählte für unwahrscheinlich und frei erfunden hält, sollte sich vielleicht noch einmal den Film "Die Truman Show" mit Jim Carrey ansehen. Da wird gezeigt, wie eine Scheinwirklichkeit inszeniert werden kann. Natürlich beschränkt sich die Handlung dort auf einen viel bescheideneren Rahmen, aber der Film ist ja auch schon zwanzig Jahre alt. Die Welt der "Trump Show", bei deren Entstehung wir zugleich Zeugen und Mitwirkende sind, ist dagegen über das gesamte Universum angelegt. Den Allermeisten von uns fällt es aber noch schwer, das zu begreifen. Ihr müßt es einsehen: Idee und die Handlung des verrückten Spiels sind für unseren Verstand einfach zu groß.

Gegen Schluß dieser Überlegungen kommen mir noch ein paar Fragen in den Sinn:

Wer regiert die Welt und führt die Regie während dieser Show wirklich, und von wo aus?

Habe ich mit den hier ausgebreiteten Gedanken die Saat für eine neue Verschwörungstheorie gelegt, oder gibt es die gar schon?

Und ganz am Ende will ich auch nicht mein Bedauern verhehlen, daß nicht mir die Idee zu der Show rechtzeitig gekommen ist. Die hätte doch sicher den einen oder anderen Dollar Nebenverdienst zu meiner Rente eingebracht.